Camille-Léon-Louis Silvy, Frau in einem Kleid, ca. 1860er-Jahre, Albuminabzug, 9 x 6 cm, The Royal Photographic Society Collection at the V&A, acquired with the generous assistance of the National Lottery Heritage Fund and Art Fund. © Victoria and Albert Museum, London
Ein Albumindruck ist ein Positivverfahren, bei dem ein Protein, das aus Hühnereiweiss (in der Biologie ‹Albumin› genannt) gewonnen wurde, als Bindemittel für die Silbersalze eingesetzt wird. Um 1850 vom französischen Fotografen Louis Désiré Blanquart-Evrard (1802–1872) entwickelt, war der günstige und schnell auszuführende Albumindruck das meist verwendete fotografische Positivverfahrenin der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Für die Herstellung eines Albuminabzugs wird ein Papier mit einer Mischung aus einem Salz, beispielsweise Natriumchlorid, und Hühnereiweiss bestrichen. Nach dem Trocknen wird das Papier mit einer Silbersalz-Lösung lichtempfindlich gemacht. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Salzpapierabzug, befindet sich die Lösung nicht in den Papierfasern, sondern auf dem Papier. Die lichtempfindlichen Silbersalze sind im Eiweiss suspendiert, d. h. sie ‹schweben› im tierischen Protein. Das Papier muss wieder trocknen, damit es dann wie beim Salzpapierabzug in einem Kopierrahmen zusammen mit dem Negativ (in der Regel die Kollodium-Nassplatte) gespannt und an der Sonne belichtet werden kann (siehe Auskopierverfahren). Danach wird das Papier mit Wasser gespült, um die überflüssigen Silbersalze zu entfernen, damit diese nicht nachbelichten. Nachdem sie mit einer Goldtonung behandelt wird, wird sie wieder gewässert. Schliesslich wird die Aufnahme in ein Fixierbad aus Natriumsalz eingetaucht, mit Wasser gespült und zum Trocknen aufgehängt.
Der Albumindruck weist gelblich bis bräunliche Töne auf. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Salzpapierabzug, gibt der Albumindruck eine hohe Bildschärfe und feine Details wieder. Da das dünne Papier empfindlich war und sich schnell aufrollte, wurde es auf dickes Fotoalbenpapier oder Karton geklebt, typischerweise im Kabinettkarten- oder im Stereokarten-Format.
Francis Frith, Grindelwald. Unterer Gletscher, 1850er–1870er-Jahre, Albuminabzug, erworben von F. Frith and Company, 1954. © Victoria and Albert Museum, London
Doch der grosse Erfolg des Albumindrucks fällt mit dem Aufkommen der kleinformatigen Carte de Visite 1854 zusammen. Diese hatte einen Umfang von 9 × 6 cm. Ihr Erfinder, der Fotograf André Adolphe-Eugène Disdéri (1819–1889), fand heraus, dass man auf einer Negativplatte (siehe Kollodium-Nassplatte) sechs bis acht Porträts herstellen konnte. Diese wurden dann auf ein grosses Albuminpapierblatt abgezogen und schliesslich einzeln ausgeschnitten. Die Porträts stellten Familienmitglieder, Freund_innen oder Berühmtheiten (wie etwa politische sowie geistliche Personen oder Schauspieler_innen) dar und waren als Sammel- und Tauschobjekte sehr beliebt. Die Massenherstellung des Albumindrucks und die grosse Nachfrage nach der Carte de Visite waren für die Zirkulation und Distribution der Fotografie im 19. Jahrhundert wichtig.
W. & D. Downey, The Queen [Königin Victoria], 1872, Albuminabzug, Recto und Verso, 9,2 × 6 cm, 84.XD.1157.1661, The J. Paul Getty Museum, Los Angeles. Digital image courtesy of the Getty’s Open Content Program
Elizabeth Anne McCauley, A.A.E. Disdéri and the Carte de Visite Portrait Photograph (New Haven; London: Yale University Press, 1985).
James Reilly, The Albumen and Salted Paper Book. The History and Practice of Photographic Printing, 1840–1895 (Rochester, NY: Light Impressions, 1980).
Robert A. Sobieszek, British Masters of the Albumen Print. A Selection of Mid-Nineteenth Century Victorian Photography (Chicago: University of Chicago Press, 1976).