Kollodium-Nassplatte

1851–1885

wet-plate-collodion

Thomas C. Roche, Ordnance Wharf, City Point, Virginia, 1865, Kollodium-Nassplatte, 21,6 × 25,6 cm, The Metropolitan Museum of Art, New York

Die Kollodium-Nassplatte, oder auch nasses Kollodiumverfahren genannt, ist ein Glasnegativ. Für das fotografische Verfahren dient das Kollodium als Bindemittel, um die lichtempfindlichen Silbersalze auf der Glasplattenoberfläche zu suspendieren, d. h. das Silber ‹schwebt› in der Kollodiumschicht. Die Kollodium-Nassplatte wurde vom englischen Fotografen Frederick Scott Archer (1813–1857) Ende der 1840er-Jahre erfunden und 1851 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Zur Herstellung des Negativs wurde zunächst eine Glasplatte gründlich geputzt. Auf dem glatten Bildträger wurde das zähflüssige Kollodium, dem Brom- und Iodsalze beigefügt wurde, gleichmässig verteilt. Unmittelbar nachdem die Platte in der Dunkelkammer im Silbernitratbad lichtempfindlich gemacht wurde, wurde sie in eine lichtdichte Kassette eingesetzt und kurz darauf in der Kamera, wo die noch feuchte Platte aus der Kassette entnommen wurde, belichtet. Gleich danach goss man in der Dunkelkammer die Entwicklerflüssigkeit, bestehend aus Gallus- oder Pyrogallussäure, auf die belichtete Platte, auf der das latente Bild erschien. Das Bild wurde schliesslich mit Natriumsalz (Natriumthiosulfat) fixiert. Die Platte wurde gewaschen, gelegentlich für die Bildsättigung in eine andere Lösung getüncht, getrocknet und mit Firnis bestrichen. Das fertige Negativ wurde in der Regel auf Albuminpapier gedruckt, das feine Details, eine breite Tonwertskala und eine hohe Bildqualität wiedergab.
Weil die Platte im nassen Zustand belichtet werden musste, da sonst die Chemikalien nicht mehr wirkten, entstand der Name ‹Kollodium-Nassplatte›. Besonders Wanderfotograf_innen mussten aus diesem Grund eine mobile Dunkelkammer mitführen, die sie zusammen mit der Kamera auf der Pferdekutsche transportierten.

Fotomuseum Winterthur

Wanderfotograf, Illustration von Samuel Jordi, 2019

Die Platten konnten bis zu 40 x 50 cm gross sein und benötigten daher eine Grossformatkamera. Die Kollodium-Nassplatte konnte nicht nur als Negativ-, sondern auch als Direktpositivverfahren, wie etwa die Ambrotypie und Ferrotypie, eingesetzt werden.

Literatur

Dieter Bachmann (Hg.), Der Körper der Photographie. Eine Welterzählung in Aufnahmen aus der Sammlung Herzog (Zürich: Limmat Verlag, 2005).

Cornelia Kemp (Hg.), Unikat, Index, Quelle. Erkundungen zum Negativ in Fotografie und Film (Göttingen: Wallstein, 2015).

Peter Michels, Das Kollodium. Handbuch der modernen Nassplattenfotografie, (Tuttlingen: Fotokultur. Media, 2015).