Rollfilm

1887–

roll-film

Thomas Wydra, Rollfilm, 2008

Einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Amateur- und Freizeitfotografie markiert das Jahr 1888: In diesem Jahr eroberte der biegsame Rollfilm aus Zelluloid der Eastman Dry Plate Company (ab 1892 Eastman Kodak) den Markt und ersetzte die bis dahin verwendete fotografische Platte. Der Firmengründer George Eastman (1854–1932) war zwar für dessen Erfolg zuständig, doch die Erfindung geht auf Hannibal Williston Goodwin (1822–1900) zurück, der die Urheberschaft des Zelluloidfilms bereits 1887 rechtlich schützen liess.
Bevor der Rollfilm erfunden wurde, benutze man Mitte des 19. Jahrhunderts vorwiegend schwere Fotoplatten aus zerbrechlichem Glas oder Metall. Diese wurden vor allem von professionellen Fotograf_innen gebraucht, da der Umgang damit sehr kompliziert war. Die Fotograf_innen mussten jede Platte direkt nach der Belichtung entwickeln, weshalb dieses Verfahren zeitaufwendig und anstrengend war. Dank dem Rollfilm war es erstmals möglich, mehrere Fotos – bis zu 100 Aufnahmen – hintereinander aufzunehmen. Zusammen mit dem Rollfilm führte Eastman Kodak auch die erste Amateurkamera namens The Kodak Camera ein. Der Film war bereits in der Kamera und wurde nach der Belichtung mitsamt der Kamera in einem Fotofachgeschäft abgegeben. Fachleute entwickelten den Film zuerst als Negativstreifen und zogen davon die einzelnen Positive ab.
Mit dem Rollfilm und der Amateurkamera konnte man erstmals ohne Fachwissen fotografieren, denn die Bedienung der Kamera war sehr einfach. Zu Beginn fotografierten vor allem reiche Bürger_innen in ihrer Freizeit. Sie nahmen Fotografien vom Familienleben oder in ihrem Urlaub auf. Erst mit der Einführung von günstigeren Kameras Mitte des 20. Jahrhunderts konnten sich mehr Leute eine Kamera leisten. Die Hobby- und Freizeitfotografie entwickelte sich dadurch zum grössten Markt innerhalb der Fotoproduktion. Der Rollfilm blieb das wichtigste Aufnahmemedium bis zu dem Zeitpunkt, als die analoge von der digitalen Fotografie um 2000 abgelöst wurde.

Literatur

Brian Coe und Paul Gates, The Snapshot Photograph. The Rise of Popular Photography 1888–1939 (London: Ash & Grant, 1977).

Douglas Collins, The Story of Kodak (New York: Harry N. Abrams, 1990).

Timm Starl, Knipser. Die Bildgeschichte der privaten Fotografie in Deutschland und Österreich von 1880 bis 1980, Ausstellungskatalog, Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum (München: Koehler und Amelang, 1995).