Kleinbildkamera

1913–

35-mm

Ernst Leitz GmbH, Wetzlar, Leica I (Modell A), Nr. 290, 1925, Musée suisse de l’appareil photographique, Vevey

Eine Kleinbildkamera ist ein analoger Fotoapparat, dessen Negative eine Grösse von 24 mm x 36 mm haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt, kam die Kleinbildkamera dem dringenden Bedürfnis nach, mit einer leichten und handlichen Apparatur zu reisen. Der Weg zur Kleinbildkamera wurde 1887 mit der Erfindung des Rollfilms geebnet. Entscheidend für die technische Umsetzung war die Einführung des 35-mm-Film, der um 1892 vom schottischen Erfinder William K. L. Dickson (1860–1935) für das frühe Kino entwickelt wurde. 1905 hatte der Erfinder Oskar Barnack (1879–1936) die Idee, den platzsparenden 35-mm-Film in eine Fotokamera einzusetzen. Die erste Kleinbildkamera baute Barnack erst 1913, als er Produktionsleiter bei der deutschen Firma Ernst Leitz GmbH in Wetzlar war. Diese Kamera wird heute als ‹Ur-Leica› (kurz für Leitz Camera) bezeichnet, weil sie als Grundmodell für alle Kleinbildkameras gilt. Erst 1924 wurde schliesslich die Leica I in grossen Mengen hergestellt. Der eingebaute Messsucher ermöglichte es erstmals, dass man mit einem Auge auf das Motiv schauen und mit dem anderen die Umgebung kontrollieren konnte, sodass man im richtigen Moment knipsen konnte. Der französische Magnum-Fotograf Henri Cartier-Bresson (1908–2004) nannte dies «den entscheidenden Augenblick». Gleichzeitig wurde der Kleinbildfilm entwickelt, der an den Rändern mit Löchern versehen ist und in einer lichtdichten Filmpatrone eingeschlossen ist. Zu Beginn noch von Hand aufgezogen, wurde der Film ab 1978 von den elektromotorischen Kameras eingewickelt.

Wikimedia Commons

Evan Amos, Fotofilmrolle Kodak Max 35mm, 400 speed, 2016

Die kleinen Negative wurden als Kontaktbogen gedruckt oder mit einem Vergrösserungsapparat vergrössert. Nach Veröffentlichung der Leica I brachten auch andere Firmen Kleinbildkameras auf den Markt.
Im Gegensatz zu den Gross- und Mittelformatkameras, weist die Bildqualität der Kleinbildkamera bei Vergrösserung eine grobe Fotokörnung auf. Doch aufgrund ihrer praktischen Grösse und des schnellen Aufnahmeverfahrens ist sie besonders für den Fotojournalismus wichtig. Die Kleinbildkamera ermöglichte neue Aufnahmewinkel, die bis dahin mit grösseren Kameras nicht möglich waren. Zunächst von Berufsfotograf_innen verwendet, wurde sie bald auch von Hobbyfotograf_innen entdeckt. Durch die digitale Kompaktkamera und schliesslich durch das Smartphone verschwand die analoge Kleinbildkamera fast gänzlich aus dem Bereich der Amateurfotografie.

Fotomuseum Winterthur

Kleinbildkamera, Illustration von Samuel Jordi, 2019

Literatur

Urs Tillmanns, Leica im Spiegel der Zeit. 80 Jahre Leica – 40 Jahre Leica-M – 10 Jahre Leica M6 (Heidelberg: Brausdruck, 1994).

Erich Stenger, Die Geschichte der Kleinbildkamera bis zur Leica (Frankfurt a. M.: Umschau-Verlag, 1949).

Hans-Michael Koetzle (Hg.), Augen auf! 100 Jahre Leica (Heidelberg: Kehrer, 2014).