In-Game Photography

1990–

in-game-photography

Roc Herms, Postcard from Home, 2009–2015

Der Begriff In-Game Photography bezeichnet Screenshots, die in einem Videospiel erstellt werden. Videospiele als Unterhaltungs- und Erlebnisräume locken ein millionengrosses Publikum an, entwickeln sich oft in Zusammenhang mit der Kinoindustrie und bilden sich als E-Sportarten auch immer mehr zum Beruf. Es ist also nicht erstaunlich, dass die virtuellen Spielwelten auch den fotografischen Blick auf sich ziehen. Es ist schwierig zu sagen, wann genau die In-Game Photography aufkam. So wurden schon in den 1980er-Jahren analoge Sofortbilder von Spielständen angefertigt oder Screenshots von High-Scores in den 1990er-Jahren erstellt.
Was die Gamer_innen fotografieren und wie sie die Bilder erstellen, ist sehr unterschiedlich. Häufig werden Erfolge, Begegnungen mit anderen Figuren oder Glitches aufgezeichnet. Es gibt aber auch Spieler_innen, die sich ganz im Sinne einer traditionellen Fotografie Landschaften, Porträts oder Architekturen innerhalb der digitalen Spielwelten widmen.
Fotografien in Games werden mittels Screenshots oder speziell entwickelten Programmen aufgenommen, wie beispielsweise das 2016 veröffentlichte NVIDIA Ansel. Ausserdem ist mittlerweile ein Fotomodus, durch den man direkt Bilder erstellen und online teilen kann, in vielen Spielen eingebaut. Die Spielfiguren der Gamer_innen, auch Avatare genannt, verwandeln sich hierdurch in virtuelle Fotograf_innen. Auf Knopfdruck kann beispielsweise Spiderman auf der PlayStation 4 ein Selfie kreieren, das in einem digitalen Album abgespeichert wird und dort angeschaut werden kann.
Medienkünstler_innen wie Alan Butler (*1981), Roc Herms (*1978) oder Claire Hentschker (*1993) beschäftigen sich mit In-Game Photography.

Alan Butler

Alan Butler, Down and Out in Los Santos, 2015–

Claire Hentschker

Claire Hentschker, Avatar Above The Sea, 2017

Dabei stellt sich – wie bei anderen künstlerischen Strategien, die mit bereits vorgefundenem Bildmaterial arbeiten – die Frage nach der Autorschaft: In-Game Photography wird zwar von den jeweiligen Künstler_innen ausgeübt, der Bildinhalt wurde aber von Gamedesigner_innen erstellt. Anhand der Bilder, die in der virtuellen Spielwelt entstehen, können auch Diskussionen zum Status der Fotografie und dem Verständnis von dieser geführt werden: Warum fotografieren wir virtuelle Landschaften und Ereignisse, die nicht existieren oder am Computer nachgebildet wurden? Nutzen uns diese Fotografien dann genauso als Erinnerungsbilder, wie es Familienfotos und Reisebilder tun?

Literatur

Judith Ackermann, Phänomen Let’s Play-Video. Entstehung, Ästhetik, Aneignung und Faszination aufgezeichneten Computerspielhandelns (Wiesbaden: Springer, 2016).

Michael Fuchs und Jeff Thoss, Intermedia Games – Games Inter Media. Video Games and Intermediality (New York: Bloomsbury Academic, 2019).

Winfried Gerling, «Photography in the Digital. Screenshot and In-Game Photography», in photographies 11, Nr. 2–3, 149–167.

Cindy Poremba, «Point and Shoot. Remediating Photography in Gamespace», in: Games and Culture 2, Nr. 1 (Januar 2007), 49–58.